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US-Professor empfiehlt: Vorlesungen besser online ansehen

Warum ein Informatik-Professor aus Harvard seine Vorlesungen als Online-Version inzwischen besser findet

US-Professor empfiehlt: Vorlesungen besser online ansehen
[tpsdave/pixabay]

Professor Malan hält die beliebteste Vorlesung auf dem Harvard-Campus. Und in der Online-Version ist seine Informatik-Vorlesung bereits auf der ganzen Welt bekannt. 

In seinem zehnten Jahr als Dozent dieser Top-Lehrveranstaltung stellt er jetzt fest: seine Studierenden erhalten in der Online-Vorlesung inzwischen ein besseres Lernerlebnis als in der Präsenzveranstaltung. 

Damit ist sicherlich ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung der digitalen Lehre an Hochschulen erreicht. 

Doch wie kommt er zu dieser Einschätzung?


Top-Veranstaltung in der Hitparade der Online-Vorlesungen

David J. Malan unterrichtet seit 10 Jahren eine Einführungsvorlesung in die Informatik. "Computer Science 50" (auch als CS50 bekannt) konnte sich dabei seit einigen Jahren zur beliebtesten Veranstaltung der Harvard University entwickeln. In 2015 schrieben sich so 750 Studierende in die Präsenzvorlesung ein (5 Jahre zuvor waren es noch weniger als 500). 

Und gegenüber der Online-Version erscheinen selbst diese Teilnehmerzahlen noch verschwindend gering. Der Videokurs wird als MOOC (massive open online course) kostenlos über die Plattform edX angeboten und erreicht hier ein globales Publikum von Lernwilligen. Über 1 Million Teilnehmer hatte der MOOC bisher und ist somit auch bei edX einer der führenden Online-Kurse.

Neben dem reinen Inhalt (eine anschauliche Einführung in die Informatik) und der berühmten Institution der Universität Harvard spielt sicher auch der charismatische Dozent Malan eine gewisse Rolle beim Erfolg der Videovorlesung. 


So kann gute Hochschullehre online aussehen

CS50 wird mit einigem Aufwand produziert und dient damit sicher auch den Marketingzwecken der Harvard University (und hat daher ein entsprechendes Budget zur Verfügung). Man kann sogar bereits von einer weltweiten CS50-Fangemeinde sprechen.

Die Produktion erfolgt im eindrucksvollen Sanders Theatre in Harvard, wo Bühne und Publikum tatsächlich einen hochwertigen Präsentationseffekt wie in einem erstklassigen Theaterstück erzeugen. Auch der Aufzeichnungsvorgang selbst kann von echten CS50-Fans bereits in einer "Behind the Scenes"-Version verfolgt werden.

Die Klaviatur der Online-Welt wird dabei natürlich professionell bespielt. Diverse Aktivitäten in sozialen Medien und ein eigener Youtube-Kanal sind daher für CS50 inzwischen selbstverständlich.

In 2016 geht nun als weitere Neuerung auch die Virtual Reality-Version von CS50 online, wie wir bereits berichteten ("Harvard startet öffentliche 3D-Vorlesung").

Aber dass man jetzt sogar die Präsenzvorlesung überholt, wäre bis vor kurzem auch bei den E-Learning-Profis in Harvard undenkbar gewesen.


Im zehnten Jahr führt plötzlich die Online-Version 

Das Team von CS50 beobachtete nun, dass sich im Verlaufe der Jahre immer weniger Studenten in der Präsenzvorlesung einfanden und gleichzeitig immer mehr Teilnehmer an der Online-Version verzeichnet werden konnten. Persönlich anwesend sind inzwischen in vielen der Vorlesungsstunden nur noch weniger als ein Drittel der Studierenden, die Online-Vorlesungen sehen sich dagegen bereits mehr als die Hälfte an.

Die damit einhergehenden Befürchtungen, ob denn überhaupt anhand der Online-Vorlesungen der gleiche Lerneffekt eintreten könne, entkräftet Professor Malan mit seinen bisher gewonnenen Erkenntnissen. Denn anhand der von den Teilnehmern erzielten Testergebnisse kann kein wesentlicher Unterschied zwischen Präsenzstudenten und ihren Online-Kommilitonen festgestellt werden.


Seht Euch meine Vorlesung besser online an, sagt der Professor

Motiviert durch seine Beobachtungen der Online-Lehre kam Professor Malan nun zum Schluss, dass die Studierenden mit der digitalen Version seiner Vorlesung möglicherweise sogar besser lernen können.

Malan stellt fest:

"We’ve been nearing the point for some time whereby it’s a better educational experience to watch CS50's lectures online than attend them in person."

Als vorteilhaft gegenüber der Präsenzvorlesung nennt der US-Professor einige wichtige der bekannten E-Learning-Vorteile, u.a.:

  • die Möglichkeit, schwierige Stellen ggf. mehrmals anzusehen,
  • Auswahl der individuellen Abspielgeschwindigkeit für die Online-Vorlesung,
  • begleitende Textskripte können parallel einfach durchsucht werden und
  • Links zu weiterführenden Informationen sind jederzeit online zugänglich.

All diese Punkte erlauben den Studierenden einen deutlich höheren Grad des persönlichen Engagements im Lernprozess im Vergleich zur passiven Teilnahme an einer Präsenzvorlesung. In der Summe kann dies den Lernenden deswegen dabei helfen, ihr Lernerlebnis online besser als im Hörsaal gestalten zu können.

Das mögliche emotionale Gemeinschaftserlebnis einer Präsenzvorlesung wird dabei jedoch auch in Harvard nicht unterschätzt: als Mittelweg wird den Campus-Studierenden zukünftig empfohlen, jeweils die erste und letzte Vorlesung von CS50 nach Möglichkeit "live" zu besuchen. Eine weitergehende Präsenz wird aber auch von den Studenten vor Ort nicht mehr erwartet.

[Update im September 2017: Inzwischen wurde von Professor Malan klargestellt, dass Studenten durchaus die Vorlesungen besuchen sollten, um das Erlebnis der Live-Vorlesung zu erhalten.]


Ein Innovationsführer in der Hochschullehre

Einmal mehr kann man an diesem Beispiel einer der Top-Universitäten in den USA beobachten, wohin die Entwicklung des E-Learning führen kann. Wenn genug Engagement und Innovationsfreude (und ein entsprechendes Budget) vorhanden sind, kann Online-Lehre nicht nur die Präsenzveranstaltungen in exotischen Einzelfällen ergänzen oder Randgruppen das Studium erleichtern. 

Es können (und sollten) die Vorteile der digitalen Wissensvermittlung vielmehr konsequent auf breiter Basis genützt werden, um bessere Lernergebnisse für mehr Lernende zu ermöglichen. 

Und am besten kann dies wohl so gelingen, wie es in Harvard vorgeführt wird: Mutige Experimente in der digitalen Lehre, datenbasierte Auswertung der Ergebnisse und dann eine kontinuierliche Verbesserung der einzelnen Veranstaltungen. So kann die Online-Lehre dann eben auch in manchen Fällen bereits die Präsenzlehre "überholen".

Es bleibt nur zu hoffen, dass auch deutsche Hochschulen einen Weg finden, an den massiven Fortschritten im E-Learning ausreichend teilzunehmen. Abgesehen von diversen Vorzeigeprojekten scheint hier zu oft noch eher eine Strategie des Abwartens vorzuherrschen ("Werden deutsche Unis abgehängt?").


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29.08.2016
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